Iran blickt auf eine 2500-jährige Zivilisationsgeschichte zurück, einige der ersten Hochkulturen der Menschheit entwickelten sich hier. Aber auch in jüngerer Vergangenheit betrat Iran staatspolitisches Neuland. Am 1. April 1979, nur zwei Monate nachdem der Schah von Persien das Land verlassen hatte, wurde per Referendum die Islamische Republik ausgerufen, die weltweit erste ihrer Art.
Tag der Islamischen Republik April 1979
Staatsoberhaupt Ali Khamenei
Regierungschef Hasan Rouhani
Politisches System Theokratische Republik
Demokratie Status- Index (BTIRang 126 von 137 (2020)
Korruptionsindex (CPI) Rang 146 von 180 (2019)
Irangeo: Überblick über die iranischen Reiche zwischen dem 4. Jahrtausend v. Chr. und heute (5:00)
Geschichte Irans vor der islamischen Epoche
Besonderheiten der Landesgeschichte
Ungeachtet der eher unruhigen jüngeren Vergangenheit Irans spielt die ʻeigeneʼ Geschichte eine zentrale Rolle für das Selbstverständnis vieler heutiger Iraner. Die weitaus meisten von ihnen verstehen sich angesichts einer in der Tat mehrtausendjährigen Zivilisationsgeschichte als Teil eines der ältesten Kulturvölker der Erde und nicht selten auch als direkte Erben der alten persischen Imperien. Daher werden viele Gespräche mit Iraner früher oder später die Geschichte – konkret die iranische Sicht auf diese Geschichte – zum Thema haben. Ist diese Einstellung zur eigenen Geschichte den meisten Iraner gemein, zeigt sich ihre weltanschauliche Einstellung oft daran, welchen Epochen der Vergangenheit besondere Bedeutung eingeräumt wird.
Iran in vorislamischer Zeit
Um 550 v. Chr. etablierte Kyros II das Reich der Achämeniden, das gemeinhin als erstes persisches Großreich bezeichnet wird. Nach der Eroberung Babylons 539 v. Chr. fielen ihm weite Teile des heutigen Nahen Ostens zu. Zumindest eine Zeit lang erstreckte sich das von ihm geschaffene Reich vom heutigen Libyen bis an den Indus und vom oberen Nil bis an die Steppen Zentralasiens. Zu besonderer Bekanntheit in Deutschland haben es in diesem Zusammenhang die Auseinandersetzungen der Achämeniden mit den griechischen Stadtstaaten Kleinasiens und des heutigen Griechenlands im 5. Jhd. v. Chr. gebracht, die auch hierzulande Teil des Geschichtsunterrichts sind.
Werden sie dort behandelt, bleibt den Persern allerdings nur die recht statische Rolle des Feindes der Griechen, eine eingehendere Beschäftigung mit dem Reich der Achämeniden findet nicht statt.
Die Griechenlandfeldzüge der Achämenidenherrscher, genauer gesagt der Umgang mit ihnen, sorgten im Jahr 2007 sogar für einen diplomatischen Protest der iranischen Regierung bei den Vereinten Nationen. Der Grund war die (in der Tat wenig schmeichelhafte) Darstellung der Perser im Hollywood-Film 300, die in Iran weit über das Regierungslager hinaus für Proteste sorgte.
Das Ende dieses Reiches kam durch Alexander den Großen, der die achämenidische Armee 333 v. Chr bei Issos (in der heutigen Ost-Türkei; vielen noch bekannt aus der Schule «333 bei Issos Keilerei») schlug und binnen weniger Jahre die meisten der ehemals achämenidischen Gebiete, einschließlich ihrer bedeutendsten Städte Babylon, Susa, Ekbatana, Pasargadae sowie der Hauptstadt Persepolis, in sein Reich eingliederte.
Die beiden späteren bekannten Dynastien des vorislamischen Iran, die Parther und Sassaniden, denen heute das zweite persische Imperium zugeschrieben wird, versuchten beide, an die Größe ihrer Vorgänger anzuknüpfen, was allerdings (zumindest aus der Rückschau betrachtet) nicht gelang.
Die islamische Epoche Irans
Nach der Niederlage in der Schlacht bei Qadisiyya (nahe der Stadt Hilla im heutigen Irak gelegen) 636
n. Chr. brach das Sassanidenreich innerhalb von nur wenigen Jahren zusammen. Der heutige Iran wurde Teil des Kalifats der Umayyaden und später deren Nachfolgern, den Abbasiden. Diese ursprünglich arabischen Reiche wurden im Laufe des 11. Jahrhunderts mehr und mehr von türkischen Nomaden aus den Steppen Zentralasiens dominiert, die auch die persischsprachigen Gebiete unter ihre Kontrolle gebracht hatten. An deren Höfen, allen voran unter den Seldschuken, und an denen der persischen Lokaldynastien im Osten des heutigen Iran begann bald eine Wiederbelebung persischer Hofkultur und Sprache.
Das dritte persische Großreich: Die Safawiden
Den Herrschern dieser Dynastie wurde oft nachgesagt, den Grundstein für den heutigen Iran gelegt zu haben. Nachdem sich Esmail I. 1501 in Tabriz zum Schah hatte ausrufen lassen, etablierte er in den folgenden Jahren ein Reich, dessen Ausdehnung in etwa dem Gebiet des heutigen Iran entspricht (ein Gebiet freilich, das bereits unter den Mongolen im 13. und 14. Jahrhundert Teil eines gemeinsamen Herrschaftsgebietes gewesen war). Von langfristig noch größerer Bedeutung war die Entscheidung Esmails I., den schiitischen Islam zur offiziellen Religion seines Reiches zu machen (obgleich die Mehrheit der Bevölkerung noch lange Zeit sunnitisch blieb). Neben dem ersten Herrscher dieser Dynastie war vor allem dessen Urenkel Abbas I. (reg. 1587-1629) von Bedeutung. Seine militärischen und wirtschaftlichen Reformen machten aus dem stark vom messianischen Charisma des Herrschers abhängigen Herrschaftsverbund des 16. Jahrhunderts ein vergleichsweise zentralisiertes Reich der frühen Neuzeit; und seine Politik förderte sowohl das altiransiche Erbe als auch den schiitischen Islam und verband beide in einer Form, die Iran bis heute prägt.
Iran unter den Qadscharen
Nachdem sich im 18. Jahrhundert mehrere lokale Dynastien die Macht im (heutigen) Iran geteilt hatten, eroberte Agha Mohammad Khan ab 1796 das Land und gründete die Dynastie der Qadscharen. Zu seiner Hauptstadt machte er eine Kleinstadt im Norden, Teheran. Unter den Qadscharen begann im späteren 19. Jahrhundert eine Entwicklung, die die iranische Geschichte nachhaltig veränderte und nicht wenige Iraner bis heute beschäftigt: die Einmischung der europäischen Großmächte. Während Iran als eines der wenigen Länder der Welt offiziell nie eine Kolonie war, bekamen insbesondere die Engländer und Russen so viel Einfluss auf die Geschicke des Landes, dass die qadscharischen Herrscher keine eigenständige Politik mehr betreiben konnten.
Englischerseits lange Zeit vor allem als räumlicher Schutz der indischen Kolonien verstanden, rückte Iran umso mehr ins Zentrum europäischen Interesses, als dort zu Beginn des 20. Jahrhunderts Öl gefunden wurde. Das Mittel der Europäer, sich Einfluss zu sichern, waren unter anderem Verträge, die europäischen Firmen Rohstoffrechte in Iran sicherten. Dies verdeutlichte auch vielen einfachen Iraner, dass der europäische Einfluss ihren Interessen schädlich war. An die Spitze der sich etablierenden Protestbewegung setzten sich bald schiitische Religions- und Rechtsgelehrte.
Podcast zur Geschichte und Kultur der Safawidenzeit (16. und 17. Jahrhundert)
Tell me a History: Die Herrschaft der Safawiden (91:37)
Podcast zur Geschichte und Kultur der Qadscharenzeit (spätes 18. bis frühes 20. Jahrhundert)
Tell me a History: Die Herrschaft der Qadscharen (121:21)
Iran im 20. Jahrhundert
Die Dynastie der Pahlavi
1921 entmachtete der damalige Kriegsminister Reza Khan, der sich nach anfänglichen Gedankenspielen zu einer Republik türkischer Prägung 1925 doch als Reza Schah zum Herrscher Irans krönen ließ, den letzten Schah der Qadscharen und begann eine Politik der Industrialisierung und radikalen Modernisierung, unter der Reza Schah vor allem eine Verwestlichung verstand. Unter anderem verbot er traditionelle Kleidung für Männer und Frauen, einschließlich des Schleiers. Die Art seiner Reformen sowie seine rücksichtslose Härte bei ihrer Durchführung brachten ihm viel Widerstand ein, angeführt (und instrumentalisiert) wiederum vor allem von den schiitischen Religions- und Rechtsgelehrten. Diese nutzten hierzu ihren gewachsenen Einfluss auf die Bevölkerung und, seit der Konstitutionellen Revolution von 1906, ihr Mitspracherecht im Parlament. 1941 musste Reza Schah auf Druck der Alliierten schließlich abdanken, die ihm eine zu große Nähe zu den Achsenmächten vorwarfen.
Sein Nachfolger wurde sein Sohn Mohammad Reza Schah. Dieser plante von Beginn an die Reformen seines Vaters fortzusetzen, musste jedoch nach der Eskalation der innenpolitischen Auseinandersetzungen mit seinem Premierminister Mohammad Mossadeq, die sich vor allem um die Anglo-Persian Oil Company und die Nationalisierung des iranischen Erdöls drehten, 1953 das erste Mal ins Ausland fliehen. Nur kurze Zeit später konnte er jedoch, nach einem Putsch unter Anleitung und Finanzierung der CIA, wieder an die Macht zurückkehren. In den nächsten zwei Jahrzehnten rüstete Mohammad Reza Schah den Iran zur größten Militärmacht des Nahen Ostens auf und schuf sich mit dem Geheimdienst SAVAK ein Mittel, seine Macht nach innen abzusichern. Mit Hilfe der immer höheren Einnahmen aus dem Ölgeschäft versuchte der Schah, aus Iran ein (nach seiner Vorstellung) modernes Land der ersten Welt zu machen, geprägt durch die Verbindung alter persischer Traditionen und westlicher Errungenschaften.
Da er dabei, trotz aller unbestreitbarer Errungenschaften, die gesellschaftlichen Realitäten Irans nicht sehen konnte oder wollte, begann sich ab den 1960er Jahren verstärkt Widerstand zu formieren. Dieser bestand aus verschiedensten Gruppen und Vorstellungen, deren einendes Element der Wunsch war, den Schah zu stürzen.
Ungeachtet des enormen Einflusses weltlicher Intelektueller wie Dschalal Al-e Ahmad und Ali Shariati auf insbesondere die jüngeren Schichten der Protestbewegungen übernahmen die Führung wiederum Religions- und Rechtsgelehrte, ab 1963 allen voran Ayatollah Ruhollah Khomeini. Die über die Jahre an Intensität zunehmenden Auseinandersetzungen erreichten schließlich im Jahr 1978 ihren Höhepunkt. Nachdem mehrere große Demonstrationen gegen die Herrschaft des Schahs von Militär und Geheimdienst auseinandergetrieben worden waren, fielen aufgrund der vielen Toten mehr und mehr Anhänger von ihm ab. Daraufhin verließ Mohammad Reza Schah Pahlavi am 16. Januar 1979 Iran und ging ins Exil. Khomeini kehrte am 1. Februar aus dem Exil zurück und rief am 1. April 1979 die Islamische Republik Iran aus.
Die Islamische Republik Iran
Vor 1979 hatte Khomeini stets nur vor Religionsgelehrten und -schülern über seine Theorie der „velayat-e faqih“ und eine islamische Republik gesprochen. Dies lag vermutlich daran, weil er ahnen musste, dass seine Idee auch unter den Gegnern des Schahs – seien es Liberale oder Kommunisten – nicht mehrheitsfähig war. Nach dem Sturz des Schahs machten Khomeini und seine Anhänger sich, kaum aus dem Exil zurückgekehrt, dann jedoch zügig an die Umsetzung seiner Idee einer «Islamischen Regierung» (pers. hokumat-e Eslami). Khomeini ließ eine neue, islamische Verfassung ausarbeiten, die am 3. Dezember 1979 angenommen wurde. Durch die Einrichtung von Revolutionsgerichten entledigte er sich vieler seiner Gegner, andere flohen ins Ausland. Als Ausdruck dieses Unwissens über Khomeinis wahre Pläne für die Zeit nach dem Sturz des Schahs auch unter dessen Gegnern wird gerne ein Sprachbild Mehdi Bazargans zitiert, dem ersten Ministerpräsidenten der islamischen Republik, der selbst kein Religionsgelehrter war. In seiner Abschiedsrede sagte Bazargan: «Wir beteten für Regen, aber es kaum eine Sintflut.»
Eine wichtige Rolle für die Konsolidierung der islamischen Republik spielte der achtjährige Krieg gegen den Irak (1980-88). Vor dem Hintergrund dieser äußeren Bedrohung gelang es Khomeini, einen Burgfrieden zu schließen und gleichzeitig die Islamische Republik nach seinen Vorstellungen umzusetzen. Nach und nach wurden die Gegner dieser Vorstellungen aus dem öffentlichen Leben entfernt. Nach dem Ende des Krieges hatte die Islamische Republik Iran im Wesentlichen die Form angenommen, die sie noch heute hat.
Seer: Abriss des iranischen Regierungssystems in weniger als zwei Minuten (1:54)
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