Iran in der Region
Die Beziehungen Irans zu seinen Nachbarn sind deutlich älter als die Islamische Republik, meist reichen ihre Wurzeln in die Zeit vor der Entstehung der modernen Nationalstaaten zurück. Dementsprechend sind die Verhältnisse oft belastet, und das meist eher negativ als positiv. Neben jeweiligen strategischen, politischen und wirtschaftlichen Interessen sind die Beziehungen Irans zu seinen Nachbarn vor allem von zwei Faktoren beeinflusst:
1) Die Einschätzung Irans (sowie nicht weniger Iraner), von Arabern und Türken „umzingelt“ und damit auf sich alleine gestellt zu sein, sowie das mitunter nicht geringe Selbstvertrauen, dass Iran (und, wiederum, nicht wenige Iraner) aus diesem Alleinstellungsmerkmal ziehen und es auch entsprechend kommunizieren.
2) Die Tatsache, als schiitischer Staat von überwiegend sunnitischen Staaten umgeben und damit wiederum „umzingelt“ zu sein. Der Umstand, dass in Syrien seid Jahrzehnte schiitische Alawiten herrschen und im Irak seit 2003 ebenfalls überwiegend Schiiten in zentrale politische Positionen gekommen sind, hat daran grundlegend nichts geändert. Vor dem Hintergrund dieser historisch gewachsenen Verhältnisse, die nur bedingt abhängig von der Tagespolitik wirken (zu dieser siehe weiter unten), positioniert sich die Islamische Republik gegenüber ihren Nachbarn und interagiert diplomatisch mit ihnen.
Syrien
Iran unterhält seit 1946 diplomatische Beziehungen zu Syrien. Diese waren in aller Regel vergleichsweise gut, sowohl vor als auch nach der iranischen Revolution von 1978/79. Ein wichtiger Grund hierfür war lange die einende Konkurrenz beider Länder mit dem zwischen ihnen liegenden Irak, auch aus jeweils unterschiedlichen Gründen. Nach der Revolution verbesserten sich die Beziehungen deutlich, die Gründe sind die nun gemeinsame Feindschaft zu Israel, Syriens Rolle als Verbindungselement der iranischen Politik in den Libanon mit seiner großen schiitischen Minderheit sowie weltanschaulich-politische Gemeinsamkeiten zwischen der Islamischen Republik und den in Syrien herrschenden Alawiten, ebenfalls eine Ausformung des schiitischen Islam. So war Syrien das dritte Land, dass die Islamische Republik diplomatisch anerkannte. In den letzten Jahren dominiert der syrische Bürgerkrieg die diplomatischen Beziehungen beider Länder, wobei die Islamische Republik von Beginn an fest an der Seite Baschar al-Assads stand. Unter anderem durch die Aushebung und -Bildung schiitischer Milizen, Waffenlieferungen und finanzielle Unterstützung versucht Iran die alawitische Herrschaft zu stützen, um so sowohl den eigenen Zugang zum Libanon zu erhalten als auch über die dortige Hezbollah weiterhin Druck auf Israel ausüben zu können. Ein bedeutender wirtschaftlicher Faktor der Beziehungen beider Länder, und hier insbesondere für Syrien, ist der religiöse Tourismus. Im Zuge dessen besuchen viele Iraner die schiitischen Schreine in Syrien, etwa den der Sayyida Zaynab oder die Umayyaden-Moschee in Damaskus, in der sich Kopf des dritten schiitischen Imams befinden soll.
Irak
Die iranisch-irakische Grenze ist (mit geringen Veränderungen) eine der am längsten existierenden Grenzen der Welt, ihre Festlegung reicht im Wesentlichen auf einen iranisch-osmanischen Friedensvertrag von 1639 zurück. Dessen ungeachtet waren die diplomatischen Beziehungen lange schlecht, insbesondere seit dem Sturz der irakischen Monarchie im Jahr 1958 und dem Ausscheiden Iraks aus dem sogenannten „Bagdad-Pakt“. Die zentralen Konfliktherde waren (und sind es mitunter bis heute) der Grenzverlauf entlang des Flusses Schatt al-arab (pers. Arvandrud), die Kontrolle über die überwiegend von Arabern bewohnte iranische Südwest-Provinz Khuzestan sowie die Stellung der irakischen Schiiten. Unterbrochen durch den gegenseitigen Krieg (1980-88) besserten sich die Beziehungen erst nach dem Sturz Saddam Hoseins im Jahr 2003 wieder. Iran spielt seit dieser Zeit eine tragende Rolle beim Wiederaufbau der irakischen Wirtschaft, zudem ist das irakisch-iranische Handelsvolumen groß und wächst weiterhin.
Mehr noch als im Falle Syriens spielt hierbei der religiöse Tourismus eine Rolle, liegen doch die wichtigsten schiitischen Pilgerstätten in Irak, vor allem in Nadschaf und Kerbela südlich von Bagdad. Die iranischen Besucherzahlen sind konstant hoch, mit entsprechender Bedeutung für die diplomatischen Beziehungen beider Länder. Jedoch zeigen sich in den letzten Jahren wiederkehrende Unmutsbekundungen auf irakischer Seite gegen eine mutmaßlich zu große iranische Einflussnahme, mitunter auch in Form von Gewalt.
Saudi-Arabien
Obwohl diplomatische Beziehungen zu Saudi-Arabien bereits seit 1929 bestehen (tatsächlich aktiv erst seit den 1960ern), waren diese selten gut oder zumindest spannungsfrei. Ging es vor der iranischen Revolution vor allem um gegenseitiges Wettrüsten sowie um den zwischen beiden Ländern umstrittenen Besitz einiger Inseln im Persischen (respektive dem Arabischen) Golf, trat nach der Revolution der Gegensatz zwischen dem Sunnitentum wahhabitischer Prägung in Saudi Arabien und der iranischen Schia endgültig in den Mittelpunkt der Auseinandersetzungen. Diese haben durch bereits im frühen 19. Jahrhundert stattgefundene Raubzüge saudischer Stämme gegen die schiitischen Heiligtümer im heutigen Irak wiederum ihre eigene Geschichte. Vor dem Hintergrund dieses religiösen Gegensatzes geht es in den letzten Jahrzehnten zwischen beiden Ländern um die Vorherrschaft in der Region, die sowohl Saudi-Arabien als auch Iran für sich beanspruchen. Um die eigene Position auszubauen, versuchten beide Länder die weitaus meisten Konflikte der letzten Jahre und Jahrzehnte für sich zu nutzen. Dies gilt im Wesentlichen vom Iran-Irak Krieg in den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts bis hin zum aktuellen Konflikt im Jemen. Durch weitere Zwischenfälle nahmen die Beziehungen zusätzlichen Schaden, insbesondere durch eine Auseinandersetzung zwischen iranischen Pilgern nach Mekka und saudischen Sicherheitskräften im Jahr 1987, im Zuge derer mehrere hundert Pilger den Tod fanden. Als Folge dessen bereits einmal unterbrochen, wurden die diplomatischen Beziehungen beider Länder 2016 eingestellt. Nach der Hinrichtung eines prominenten schiitischen Geistlichen in Saudi-Arabien im Januar diesen Jahres hatten sich die Ereignisse überschlagen: In Teheran kam es zu Unruhen rund um die saudische Botschaft, woraufhin Saudi-Arabien die diplomatischen Beziehungen abbrach. Bahrain und Sudan zogen wenig später nach, die Vereinigten Arabischen Emirate zogen zumindest ihren Botschafter ab.
Afghanistan
Afghanistan und Iran teilen historische, ethnische und sprachliche Gemeinsamkeiten. So war das heutige afghanische Staatsgebiet Teile vieler iranischer Imperien, leben insbesondere in den süd- östlichen Regionen Irans sowie den angrenzenden afghanischen Gebieten ähnliche Volksgruppen und sind das in Iran gesprochene Persisch (Farsi) und das in Teilen Afghanistans vorherrschende (Dari) zwei unterschiedliche Sprachstufen derselben Sprache. Jedoch sind diese Gemeinsamkeiten gleichzeitig stets Gegenstand latenter Auseinandersetzungen und lassen sich jederzeit entsprechend instrumentalisieren, wobei es in solchen Fällen meist und historische Gebietsansprüche oder auch den aktuellen Verlauf bestimmter Grenzabschnitte geht. Irans diplomatische Beziehungen zu Afghanistan bestehen seit 1935, waren jedoch immer wieder belastet und wurden bisweilen auch unterbrochen. Neben den Themen Sicherheit (in Afghanistan) und Migration (von Afghanistan nach Iran) drehen sich die diplomatischen Beziehungen etwa um die weiterhin ungeklärte Frage der Wasserechte über den Helmand-Fluss, der in sich ändernden Verläufen von Afghanistan nach Iran fließt und dessen Abflussmenge ein stetiger Konfliktherd ist. Zudem bestehen immer wieder Spannungen zwischen der Islamischen Republik, die sich als Schutzherrin der afghanischen Schiiten versteht, und den verschiedenen afghanischen Regierungen, an denen konservative und fundamentalistische sunnitische Organisationen in unterschiedlichen Funktionen beteiligt waren, allen voran die Taliban.
Außenpolitik
Iran ist Gründungsmitglied der Vereinten Nationen sowie der OPEC. Er ist Mitglied der Organisation für Islamische Zusammenarbeit. Im September 2016 hat Iran einen Kooperationsvertrag mit der Association of Southeast Asian Nations (ASEAN) geschlossen. Zudem hat Iran einen Beobachterstatus bei der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (der Antrag auf vollwertige Mitgliedschaft wurde jedoch abgelehnt).
Dessen ungeachtet ist das Land seit der Revolution von 1978/79 international vergleichsweise isoliert. Die diplomatischen Beziehungen zu den USA sind seit 1980 eingestellt, auch die Beziehungen zu Deutschland und der Europäischen Union sind weiterhin und ungeachtet der jüngsten Entwicklungen belastet. Hatte sich die Situation unter der Präsidentschaft Khatamis erstmals seit Jahrzehnten zu entspannen begonnen, verschärfte sie sich unter seinem Nachfolger Ahmadinedschad wieder zusehends, als sich der Streit um das iranische Atomprogramm immer weiter zuspitzte. Seit dem Amtsantritt Hasan Rouhanis ist die iranische Seite hingegen wieder erkennbar an Entspannung interessiert, sowohl verbaler Art als auch in der Tat.
Seit über zehn Jahren versucht Iran inzwischen, das oft historisch belastete Verhältnis zu seinen Nachbarn zu verbessern. Das letztliche Ziel ist jedoch weiterhin, Iran fest als Vormacht in der Region zu etablieren, ein Vorhaben, das vor allem in Saudi-Arabien, Ägypten und am Persischen Golf weiterhin kritisch gesehen wird. Seit dem Sturz Saddam Hoseins hat Iran vor allem sein Verhältnis zum Irak verbessert. Hierbei ist die große schiitische Mehrheit in den südirakischen Ölprovinzen Mittel und Zweck gleichermaßen. Seit der Regierung des Schiiten Nuri al-Maliki, der in den 1980er Jahren in Iran gelebt und auf Seiten Irans im Krieg gekämpft hat, sind die Beziehungen deutlich enger geworden. Dies gilt auch für dessen ebenfalls schiitische Nachfolger Haidar al-Ibadi und Adil Abd al-Mahdi und insbesondere in den Jahren, in denen die irakische Regierung unter starkem Druck des sunnitischen Islamischen Staates stand. Das Verhältnis zu vielen übrigen arabischen – und sunnitischen – Nachbarn hat sich in jüngster Zeit jedoch wieder deutlich verschlechtert, wobei viele der diesbezüglichen Entwicklungen auf den Konflikt zwischen Saudi-Arabien und Iran um die Vorherrschaft in der Golfregion zurückzuführen sind und auch das jeweilige Verhältnis zu den USA eine entscheidende Rolle spielt.
Über die Region hinaus sucht Iran vor allem eine Annäherung an die Staaten Asiens, allen voran an China. Die Volksrepublik mit ihrer starken Wirtschaft soll Hauptabnehmer iranischer Rohstoffe werden. Auch in den Bereichen Politik und Militär arbeiten beide Länder zusammen. Russland exportierte in den letzten Jahren regelmäßig Rüstungsgüter nach Iran und ist zudem beim Aufbau eines zivilen Atomprogramms behilflich.
Zwar haben sowohl Russland als auch China im Juni 2010 im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen für eine Ausweitung der Sanktionen gegen Iran gestimmt und hat Russland im gleichen Jahr auf ein seit zwei Jahren vereinbartes Rüstungsgeschäft verzichtet, dennoch sind beide Länder seit Jahren Irans strategische Partner vor allem im Rohstoffgeschäft.
Das iranische Atomprogramm
Im Zentrum internationaler Aufmerksamkeit stand Iran in den letzten Jahren vor allem wegen seines Atomprogramms. Dieses besteht seit den späten 1950er Jahren und wurde in den folgenden zwei Jahrzehnten unter amerikanischer und französischer Hilfe konsequent ausgebaut. Nach der Revolution von 1978/79 für einige Jahre unterbrochen, wurde es Mitte der 1980er wieder aufgenommen und in den letzten Jahren kontinuierlich ausgebaut. Den Platz Amerikas und Frankreichs übernahmen Russland und China. Heute ist Iran im Besitz zahlreicher Atomanlagen, die über das ganze Land verteilt sind; Kernkraftwerke verschiedenen Typs, Forschungsreaktoren und Forschungszentren. Der offizielle Zweck des Atomprogramms ist es, die Abhängigkeit der eigenen Energieversorgung vom Erdöl zu verringern und somit mehr Kapazitäten für den Erdölexport zu schaffen. Iran hat den Atomwaffensperrvertrag 1968 unterzeichnet, 2003 auch dessen Zusatzprotokoll. Dieses wurde allerdings noch nicht ratifiziert.
Seit im Jahr 2002 bekannt wurde, dass Iran weitere, nicht bei der IAEO gemeldete Atomanlagen unterhielt, vermuteten allen voran die USA und Israel, dass das Atomprogramm auch eine militärische Komponente hat. Hierfür gab es in den letzten Jahren zahlreiche Indizien, jedoch nie haltbare Beweise. Daher schwankte die Position der westlichen Staatengemeinschaft immer zwischen Gesprächsangeboten, Sanktionen und angedrohten Militärschlägen, die Haltung Irans hingegen, dessen Führung das Atomprogramm nie aufzugeben bereit war, zwischen Gesprächsbereitschaft, einer ausweichenden und gerade unter Ahmadinedschad auch eher aggressiven Haltung.
Parallel zu den Verhandlungen verschärften die USA und die EU jedoch regelmäßig die Sanktionen gegen Iran, vor allem seitdem die Islamische Republik damit begonnen hatte, selbst Uran anzureichern. Waren anfangs nur Dual-Use-Produkte sanktioniert, wurden im Januar 2012 weitreichende Sanktionen beschlossen, die am 1. Juni des gleichen Jahres in Kraft traten und relativ schnell Wirkung entfalteten: Diese beinhalteten ein Öl-Embargo sowie weitreichende Wirtschaftssanktionen, unter anderem auch gegen die iranische Zentralbank. Als Folge musste der iranische Staat zahlreiche Subventionen kürzen, so dass insbesondere auch Dinge des täglichen Bedarfs spürbar teurer wurden. Dies führte immer wieder zu öffentlichen Protesten. Dieser Ansatz sollte Iran dazu bewegen, sein Atomprogramm vollständig offenzulegen. Gleichzeitig drohte vor allem die israelische Regierung regelmäßig mit militärischen Angriffen auf iranische Atomanlagen.
Seit dem Regierungsantritt von Präsident Rouhani war die Islamische Republik jedoch sichtbar um Entspannung bemüht, insbesondere mit Blick auf die USA. Aufgeben wird Iran sein Atomprogramm zwar auch unter dem aktuellen Präsidenten nicht, der zwischen 2003 und 2005 selbst iranischer Verhandlungsführer in den internationalen Gesprächen zu diesem Thema war und sich dabei stets um den weiteren Ausbau des Atomprogramms bemüht hat. Allerdings forcierte die Regierung Rouhani die Gespräche mit den fünf UN-Veto-Mächten und Deutschland über das Atomprogramm von Beginn an; die Sanktionen machten dies schlicht notwendig, da sie die iranische Wirtschaft seit Jahren spürbar schwächten.
So kam es bereits im November 2013 zu einer ersten Übereinkunft zwischen Iran und den Veto- Mächten sowie Deutschlands in Genf. Nach dieser sollte Iran Teile seines Atomprogramms für zunächst sechs Monate einfrieren, insbesondere die besonders umstrittene Anreicherung von Uran. Im Gegenzug sollten Teile der internationalen Sanktionen gelockert werden. Nachdem die entsprechenden Fristen sowie die anschließenden Verhandlungen mehrfach verlängert wurden, konnte im Juli 2015 schließlich ein Abkommen zwischen beiden Seiten geschlossen werden.
Dieses sieht Kontrollen der iranischen Atomanlagen vor, um eine militärische Komponente des Atomprogramms langfristig auszuschließen. Im Gegenzug wurden Anfang 2016 viele der Wirtschafts- und Finanzsanktionen gegen Iran aufgehoben. Iran feierte das Abkommen ebenso als Sieg wie die Veto-Mächte und Deutschland. Israel hingegen lehnte es als angeblich sicheren Weg zur iranischen Atombombe von Beginn an ab. Im August 2018 wurden die Sanktionen von den USA einseitig wieder in Kraft gesetzt und immer wieder verschärft, mit bislang unabsehbaren Folgen.
Stuxnet
Für großes Aufsehen sorgte im Jahr 2010 der Computerwurm Stuxnet. Dieses Programm, das sich eine Sicherheitslücke in Industrieanlagen, die durch Kontrollsysteme der Firma Siemens gesteuert wurden, zunutze machte, befiel – neben unzähligen Rechnern weltweit – überproportional oft iranische Systeme. Darunter befanden sich auch das Atomforschungszentrum in Natanz, das daraufhin 15% seiner Produktionskapazitäten einbüßte, sowie das neu errichtete Kernkraftwerk in Bushehr, das dadurch erst verspätet, im August 2011, in Betrieb gehen konnte. Daher kam von verschiedenen Seiten schnell der Verdacht auf, bei Stuxnet handle es sich um einen Versuch, das iranische Atomprogramm zu sabotieren. Seitens der iranischen Regierung wurden dafür – wenig überraschend – die USA und Israel verantwortlich gemacht.
Ansonsten hat der iranische Staat jedoch versucht, das Problem klein zu halten. Staatliche Medien berichteten etwa schnell, die meisten befallenen Computer seien durch iranische Antivirenprogramme umgehend wieder gesäubert worden. Zudem erklärte Geheimdienstminister Moslehi, mehrere „Atomspione“ seien festgenommen worden. Da sich auch die USA bedeckt hielten, konnte bis heute nicht letztgültig geklärt werden, was es mit diesem Wurm letzten Endes auf sich hatte.
Iran und Amerika
Theoretisch ist das iranische Verhältnis zu Amerika klar: Nach den langen Jahren der politischen Allianz unter Mohammad Reza Schah sind die USA seit der Islamischen Revolution der „Große Satan“; seit der Geiselnahme von Teheran zwischen 1979 und 1981 gibt es keine offiziellen diplomatischen Kontakte mehr. Die amerikanischen Interessen vertritt in Iran seit 1980 die Schweiz.
Praktisch ist die Lage weitaus schwieriger. Das Hauptanliegen der Islamischen Republik ist Systemstabilität. Scheint dieser durch verstärkte Konflikte mit Amerika gedient, scheut die Islamische Republik die Auseinandersetzung nicht. Diese fand in den letzten Jahrzehnten meist in Form von Stellvertreterkriegen und Anschlägen statt, etwa dem Angriff auf die US-Botschaft in Beirut 1983 oder der amerikanischen Unterstützung des Irak im ersten Golfkrieg. Wenn es Iran hingegen zielführender erschien, stillschweigend mit den USA zu kooperieren, waren und sind ideologische Gräben kein Hindernis. Dies zeigte sich zuletzt vor allem im Irak, wo beiden Parteien relativ schnell klar geworden sein musste, dass eine dauerhafte Befriedung des Landes ohne den Anderen kaum gelingen kann.
Ein weiteres Problem der Islamischen Republik im Umgang mit Amerika ist, dass sich der American Way of Life in Teilen der iranischen Bevölkerung weiterhin großer Beliebtheit erfreut. Gerade im Norden Teherans gehören amerikanisch inspirierte Fast-Food-Restaurants seit Jahren zum Stadtbild. Da zudem viele Iraner Verwandte in den USA haben, verfangen anti-amerikanische Parolen in Iran nicht so gut wie in anderen islamischen Ländern.
Iran und Israel
Iran war einer der ersten Staaten, die Israels Unabhängigkeit im Jahr 1948 anerkannten. Zwar wurde dies unter Premierminister Mosaddeq wieder zurückgenommen, doch blieben die diplomatischen und wirtschaftlichen Kontakte bis 1979 eng.
Seit 1979 ist der „Kleine Satan“ das Feindbild der Islamischen Republik im Nahen Osten schlechthin. Irans Vertreter sprechen nur vom „zionistischen Regime“, da sie Israel als Staat nicht anerkennen. Jede Form von Kontakt ist streng verboten und wird sanktioniert. So reiste der iranische Judo- Weltmeister Arasch Miresmaili von den Olympischen Spielen in Athen 2004 ab, weil er in der ersten Runde nicht gegen einen Israeli antreten wollte (oder nicht wollen sollte). Auf der anderen Seite hat der iranische Fußballverband im Jahr 2017 den Kapitän der Nationalmannschaft sowie dessen Stellvertreter ausgeschlossen, da dabei mit ihrem griechischen Verein gegen eine israelische Mannschaft gespielt hatten. Zuletzt sollte ein iranischer Judoka bei der Weltmeisterschaft 2019 in Tokio daran gehindert werden, gegen einen Israeli anzutreten.
Zudem ist die iranische Außenpolitik in der Region entscheidend gegen Israel gerichtet. Als ein zentrales Instrument dieser Politik dienen die Schiiten im Libanon, wo Iran seit vielen Jahren die schiitische Hezbollah unterstützt. Diese soll somit jederzeit in der Lage sein, Druck auf Israel auszuüben. Daher dient auch das iranische Engagement in Syrien, neben der und durch die Sicherung des Assad-Regimes, dem Zweck, den iranischen Zugang zur Hezbollah aufrecht zu erhalten. Die iranische Unterstützung beschränkt sich jedoch nicht auf schiitische Organisationen, in den Palästinensergebieten etwa profitiert auch die sunnitische Hamas von ihr. Darüber hinaus ist Iran daran gelegen, die politische Isolation Israels in der Region aufrechtzuerhalten. Dementsprechend heftig kritisierten iranische Stellen die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Israel und den Vereinigten Arabischen Emiraten im August 2020.
Nicht zuletzt ist antiisraelische Propaganda ein wichtiger Teil der iranischen Staatsideologie. Am letzten Freitag des Fastenmonats Ramadan etwa wird in Teheran der „Jerusalem-Tag“ gefeiert, wo als fester Bestandteil der Feierlichkeiten zum Kampf gegen Israel aufgerufen wird. Dieser Aufruf ist auch ein integraler Bestandteil der Freitagspredigt an der Universität Teheran, die in aller Regel von Ayatollah Khamenei selbst gehalten wird. Unter Ahmadinedschads Präsidentschaft wurde der Ton noch ungleich rauer, da dieser keine Gelegenheit ausließ, das Ende Israels zu fordern und den Holocaust in Frage zu stellen oder gleich ganz zu leugnen. Für Aufsehen sorgte in diesem Zusammenhang vor allem seine Holocaust- Konferenz im Dezember 2006 in Teheran. Ein zweiter Karikaturenwettbewerb fand im Jahr 2016 statt.
Der Urheber dieser Texte ist Tilmann Trausch. Wir haben ihn per E-Mail informiert. Ebenso hatten wir mit der GIZ vereinbart, Inhalte auf touristischen Webseiten mit Nennung der Quelle zu nutzen. Jede Hilfe für mehr Bildmaterial und wichtige Änderungen ist willkommen.