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Wirtschaft

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Zwischen dem Postulat einer «islamischen Wirtschaftsordnung» und dem Wunsch nach moderner Technologie, gebremst durch internationale Sanktionen, aber im Besitz riesiger Mengen fossiler Brennstoffe, versuchte die Islamische Republik in den letzten Jahren eine moderne Wirtschaft aufzubauen, um sich aus der Abhängigkeit von Öl und Gas zu lösen.

Gewürze auf einem Basar in Tabriz

Geschätztes BIP 452,3-  Mrd. US-$ (2018)

Pro Kopf Einkommen (Kaufkraftparität) 5.500 US-$ (2018)

Rang der menschlichen Entwicklung (HDI65 (von 189) (2019)

Anteil Armut (nat. Armutsgrenze) 18,7 % (2019)

Einkommensverteilung (Gini-Koeffizient) 38,8 (2018)

Wirtschaftlicher Transformationsindex (BTI) Rang 127 von 137 (2020)

Wirtschaftssystem und seine Sektoren

Die iranische Wirtschaft ist auch heute in vielen Bereichen zentralisiert und steht zu großen Teilen unter staatlicher Kontrolle. Dabei haben viele iranische Unternehmen neben wirtschaftlichen auch politische Ziele zu erfüllen. Durch regelmäßige staatliche Eingriffe über Preisregulierungen, Subventionen oder politische Vorgaben, die in aller Regel auch politische Ursachen haben, konnte sich eine eigenständige Privatwirtschaft bislang nur bedingt entwickeln.

Das Problem wird durch die weit verbreitete Korruption noch verschärft. Transparency International führt Iran in seinem Korruptionsindex von 2019 auf Platz 146 von 198 berücksichtigten Ländern. Eine etablierte Privatwirtschaft gibt es vor allem auf dem Basar, in der Landwirtschaft und im Dienstleistungsgewerbe. Erst in den letzten eineinhalb Jahrzehnten wurden, vor allem durch die 2001 gegründete Iranian Privatization Organization, vermehrt Anstrengungen zur Privatisierung weiterer Teile der Wirtschaft unternommen.

Erdöl und -gas

Der wichtigste Sektor der iranischen Wirtschaft ist weiterhin die Erdöl– und Erdgasproduktion. Die Ölförderung ist durch die National Iranian Oil Company monopolisiert, 80-85 % der staatlichen Einnahmen stammen aus dem Ölverkauf. Da zudem etwa 60 % dieses Budgets in die Finanzierung staatlicher Unternehmen und Institutionen fließen, ist Iran nahezu komplett von den Einnahmen aus dem Ölexport abhängig. Nicht nur die Wirtschaft, auch der Lebensstandard vieler Iraner sowie das politische Überleben iranischer Regierungen hängt somit vom Ölpreis ab.

Allein die bisher bekannten Erdölreserven sind mit geschätzten 137 Milliarden  Barrel  -die zweitgrößten der Welt, im Jahr 2009 förderte Iran etwa 1,5 Milliarden Barrel Rohöl und stand damit an vierter Stelle der weltweiten Erdölförderung. Das große Problem der iranischen Ölförderung sind, neben den Schwankungen des Ölpreises, die völlig veralteten Förderanlagen und Raffinerien des Landes. Diese, meist noch von den USA in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts an die Regierung Mohammad Reza Schahs geliefert, können sich längst nicht mehr mit den modernsten Anlagen etwa  in Saudi-Arabien messen, was zu großen Verlusten führt. Aufgrund der jahrelangen Sanktionen   konnte Iran sie jedoch lange nicht durch importierte Teile modernisieren, wodurch es in iranischen Raffinerien in den letzten Jahren immer wieder zu Unfällen kam, etwa zu einer Explosion während eines Besuchs des ehemaligen Präsidenten Ahmadinedschad in der Raffinerie von Abadan. Diese Hindernisse bei der Modernisierung führten nicht zuletzt dazu, dass in den letzten Jahren immer  wieder große Mengen an Benzin importiert werden mussten, um den heimischen Bedarf zu decken.  

Da Benzin lange staatlich subventioniert wurde, kostete dies den Staat mitunter etwa 11 % des BIP. Hob die Regierung den Benzinpreis hingegen an oder begrenzte die ausgegebenen Rationen, führte das immer wieder zu teils gewaltsamen Ausschreitungen.

Im Vergleich dazu ist die iranische Erdgasförderung, für die die National Iranian Gas Company verantwortlich ist, noch vergleichsweise wenig entwickelt. Zwar stand das Land bereits im Jahr 2005 mit etwa 80 Milliarden Kubikmetern Erdgas weltweit an siebter Stelle und verfügt mit geschätzten 27 Billionen Kubikmetern über die zweitgrößten Reserven der Welt. Allerdings werden über 90 % der geförderten Menge im Moment noch für den Eigenbedarf benötigt und zusätzlich muss noch Erdgas aus Turkmenistan importiert werden. Der Staat ist daher weiterhin bemüht, die Erdgasförderung kontinuierlich auszubauen, gerade auch mit Blick auf den Export. Dessen ungeachtet ist die National Iranian Gas Company inzwischen so gut wie bankrott.

Unter anderem dieses Missverhältnis zwischen Förderung und Verkauf und die dadurch bedingten fehlenden Staatseinnahmen soll das Atomprogramm des Landes nach dem Willen der iranischen Führung lösen helfen.

Industrie

Etwa ein Drittel aller Iraner ist in der Industrie beschäftigt, etwa 46 % des BIP werden dort erwirtschaftet. Neben der Erdöl- und Erdgasindustrie verfügt Iran vor allem über eine Textil-, Zement-, Stahl-, und Baustoffindustrie. Wachstumsraten sind vor allem in der Automobilbranche zu verzeichnen, einem Bereich, in den seit Jahren verstärkt investiert wird.

Im Zentrum der iranischen Autoindustrie steht der Staatskonzern Iran Khodro (khodro ist das persische Wort für Automobil). Neben einem Joint Venture mit Renault, mit Hilfe dessen jährlich bis zu 300 000 Kleinwagen für den iranischen Markt im Land produziert werden sollen, baut er auch eigene Modelle. Die neuen Autos sollen zunehmend den alten, inzwischen aber vor allem in den großen Städten nicht mehr omnipräsenten Paykan ersetzen. Zusätzlich produziert Iran Khodro in Syrien Autos für den arabischen Raum, obwohl insbesondere dies in den letzten Jahren aufgrund der politischen Situation schwierig ist.

Die Firma SAIPA produziert hauptsächlich französische, japanische und koreanische Fahrzeuge in Lizenz. Auch sie baut aber auch eigene Modelle.

Die Rüstungsindustrie

Der Sektor der iranischen Industrie, der in den letzten Jahren neben der Zement- und der Automobilindustrie die größten Zuwachsraten verzeichnen kann, ist die Rüstungsbranche. Nachdem die Regierung Mohammad Reza Schahs von den USA und Israel beinahe nach Belieben mit Waffen ausgestattet worden war, begann Iran nach 1979, eine eigene Rüstungsindustrie zu entwickeln.

Diese wurde später durch ausländische Experten, etwa aus der zerfallenden Sowjetunion, aber auch aus Nordkorea, in ihrem Aufbau unterstützt. Zudem versuchten und versuchen iranische Rüstungsfirmen auch immer wieder, in Amerika und Europa Waffen oder zumindest Ersatzteile dafür zu kaufen.

Einen entscheidenden Schub erhielt die iranische Rüstungsindustrie, als sie den Pasdaran unterstellt wurde. Seit Anfang der 1990er Jahre produziert Iran einen großen Teil seiner Waffen selbst und exportiert diese sogar. Selbst U-Boote und Kampfflugzeuge werden heute in Iran produziert.

Aufgrund der gefühlt hohen Bedrohungslage der jeweiligen iranischen Regierungen fehlt es der Rüstungsindustrie nie an staatlichen Aufträgen, was sie auch die internationalen Sanktionen vergleichsweise schadlos überstehen ließ. Wohin iranische Waffen exportiert werden ist nicht abschließend geklärt, auch wenn einiges dafür spricht, dass die libanesische Hezbollah und die palästinensische Hamas mit iranischen Waffen versorgt werden.

Ihre jüngsten Erfolge verzeichnet die iranische Rüstungsindustrie im Bereich der Entwicklung von Kurz-, Mittel-, und Langstreckenraketen sowie beim Bau von Drohnen. Gerade mit der Entwicklung solcher Waffengattungen versucht die Islamische Republik, ihr Abschreckungspotential zu erhöhen, um einem potentiellen Angriff der USA oder Israels vorzubeugen.

Landwirtschaft

Die iranische Landwirtschaft hat infolge der sozioökonomischen Veränderungen des 20. Jahrhunderts ihre wirtschaftliche Bedeutung zu großen Teilen verloren, die Einnahmen aus landwirtschaftlichen Produkten machen heute nur noch etwa 10 % des iranischen BIP aus. Statistiken dazu liefert das iranische Landwirtschaftsministerium. Dennoch ist die Landwirtschaft weiterhin ein wichtiger sozialer Sektor, da immer noch ungefähr ein Viertel der Bevölkerung dort beschäftigt ist.

Wegen der vielen Gebirge und Wüsten können nur knapp unter 30 % des Landes landwirtschaftlich genutzt werden, wovon etwa ein Drittel künstlich bewässert werden muss. Wichtige Exportgüter sind Baumwolle, Datteln, Kaviar und Pistazien. Letzteren kommt eine Sonderrolle zu: Sie gelten als die besten des Orients und werden auch in Israel gerne gegessen. So exportiert Iran große Mengen davon in die Türkei, wo sie umetikettiert und als türkische Erzeugnisse weiter nach Israel geliefert werden. Dennoch weiß man in beiden Ländern, wer der Produzent und wer der Abnehmer ist.

Tourismus

Ein Bereich, der nach dem Willen des iranischen Staates in Zukunft verstärkt Devisen ins Land  bringen soll, ist der Tourismus. Nach der Revolution von 1978/79 und dem Krieg gegen den Irak  wurde Iran lange Zeit fast ausschließlich von Rucksack– und Individualtouristen bereist, die vor allem wegen der zahlreichen Kulturschätze kamen. In den letzten Jahren stieg die Zahl an Touristen trotz diverser Probleme jedoch deutlich an. Nach dem Willen Teherans soll sich Iran in den nächsten  Jahren jedoch zu einem Zentrum des Massentourismus entwickeln und wird staatlicherseits inzwischen entsprechend beworben. Zwar sind die internationalen Besucherzahlen nach iranischen Angaben in den letzten Jahren in der Tat stetig gestiegen und wächsen viele Branchen des Tourismussektors, inwieweit Iran aufgrund der politischen Verhältnisse jedoch tatsächlich für den Massentourismus interessant werden wird, bleibt jedoch abzuwarten.

Wirtschaftsindikatoren, Analysen, Statistiken

Als Quellen für grundlegende Daten zur iranischen Wirtschaft eignen sich das CIA World Factbook   und die Iranseiten des Auswärtigen Amtes. Auch die Deutsch-Iranische Industrie- und   Handelskammer liefert einige grundlegende Wirtschaftsdaten. Die Weltbank bietet Informationen zu vielen Einzelthemen der iranischen Wirtschaft. Weitere Daten, vor allem zu Finanzthemen, liefern die Iranseiten des Internationalen Währungsfonds. Informationen zu ausländischen Investitionen in Iran liefert der World Investment Report 2019 der Vereinten Nationen.

Generell stellt sich jedoch die Frage nach der Zuverlässigkeit solcher Statistiken, da sich viele von ihnen zu nicht geringen Teilen auf iranische Angaben stützen (müssen). Dabei ist zum einen kaum nachvollziehbar, welche Daten der iranische Staat überhaupt veröffentlicht, zum anderen dürften viele Daten, etwa die der Basare, gar nicht erst in die offiziellen Statistiken einfließen. Eine Auswahl iranischer Websites, etwa die der iranischen Zentralbank, findet sich ebenfalls bei der Deutsch- Iranischen Industrie- und Handelskammer, die insgesamt sehr viele wirtschaftlich relevante Daten liefert.

Wirtschaftspolitik

Sofort nach 1979 begann Iran, eine „islamische Wirtschaft“ aufzubauen, die die in den Augen der neuen Machthaber verfehlte Wirtschaftspolitik Mohammad Reza Schahs ablösen sollte. Die Hauptziele waren, neben einer Wirtschaftsordnung nach islamischen Prinzipien, die Abkehr von den Prestigeprojekten des Schahs, die Stärkung der Landwirtschaft, die Stärkung der Industrie abseits des Erdöls und der Aufbau einer landesweiten modernen Infrastruktur.

Abgesehen von Letzterem sind die Erfolge jedoch überschaubar. Externe Gründe dafür sind vor allem der Krieg gegen den Irak (1980-88) und die jahrelangen internationalen Sanktionen. Intern ist eines der Hauptprobleme, dass es für viele Zwänge einer globalisierten Wirtschaft bisher oft schlicht keine praktikablen „islamischen“ Lösungen gibt,  etwa hinsichtlich der Notwendigkeit,  Kredite  auf dem internationalen Kapitalmarkt aufzunehmen. So ist es bis heute nur bedingt gelungen, den Export merklich zu steigern und größere ausländische Investitionen ins Land zu holen, was sicherlich nicht zuletzt an der fehlenden Rechtssicherheit liegt. Hier wurde 1999 mit der Verabschiedung eines Investitionsschutzgesetzes immerhin ein erster Schritt getan.

Ein weiteres zentrales Anliegen iranischer Wirtschaftspolitik ist es, die konstant hohe, aber extrem schwankende Inflation in den Griff zu bekommen. Diese lag im Jahr 2007 bei 18 %, 2008 bei 25 %, 2009 bei 11 %, 2010 bei 12 %, 2011 bei 21 % und 2012 bei 30 % und 2013 sogar bei 35%. In den Folgejahren ging sie dann wieder deutlich zurück, bis auf knapp unter 10 % in den Jahren 2016 und 2017.

Zudem versuchen die iranischen Regierungen weiterhin (wenn auch mit durchwachsenem Erfolg), zumindest einen Teil der Intelligenz, die in den Jahren nach der Revolution mit ihrem Kapital ins Ausland, vor allem nach Amerika und Westeuropa, geflohen war, sowie die besser gebildete Jugend, die ebenso das Land verlassen hatte, wieder zurückzuholen, um die heimische Wirtschaft zu stärken.

Die Versuche der letzten Jahre, die marode Wirtschaft zumindest in Teilen zu privatisieren, waren bisher ebenso nur bedingt erfolgreich. Das Banken- und Versicherungswesen ist weiterhin komplett in staatlicher Hand, ebenso wie immer noch etwa 80 % der Großindustrie. Erfolge gibt es hingegen in der Luftfahrt. Während der Staatskonzern Iran Air weiterhin den internationalen Flugverkehr monopolisiert, gibt es im Binnenflugverkehr bereits seit längerem einige private Unternehmen.

Bonyad (religiöse Stiftungen)

Ein wichtiger, in nicht wenigen Bereichen sogar zentraler Faktor der iranischen Wirtschaft sind die halbstaatlichen religiösen Stiftungen, die Bonyads. Heute gibt es etwa 120 von diesen, deren Größe und Einfluss sich jedoch mitunter beträchtlich unterscheiden. Hier verschmelzen Religion, Politik und Wirtschaft am deutlichsten.

Entsprechend islamischer Grundsätze ist die Hauptaufgabe einer religiösen Stiftung die öffentliche Wohlfahrt, etwa in Form des Erhalts von Straßen oder der Pflege eines Pilgerzentrums.

Daneben sind viele der Stiftungen heute jedoch international agierende Großkonzerne. Die größte Stiftung des Landes ist die Ostan-e Qods-e Rezavi, die Imam Reza Stiftung, die sich der Instandhaltung des religiösen Zentrums in Maschhad widmet.

Daneben ist die Stiftung jedoch im (Teil-)Besitz zahlreicher Industrieunternehmen, wie etwa der Teheraner Busgesellschaft, und setzt jährlich geschätzte 14 Milliarden Dollar um. Zudem ist sie der größte Grundbesitzer des Landes. Ebrahim Raisi, bis vor kurzem Vorsitzender der Stiftung, trat zudem im Jahr 2017 bei den Präsidentschaftswahlen an, wo er mit knapp 40 Prozent der Stimmen den zweiten Platz belegte.

Die Bonyad-e Mostazafan wa Dschanbazan, die Stiftung der Unterdrückten und Kriegsveteranen,

offiziell zuständig für die Versorgung der Kriegsversehrten und Armen, steht hingegen hinter der National Iranian Oil Company. Politisch steht sie den Revolutionswächtern nahe, viele ihrer hohen Beamten kommen aus deren Reihen.

Vor allem mit Hilfe dieser Stiftungen, die beide offiziell direkt dem Revolutionsführer unterstehen, setzt der iranische Staat seine Vorstellungen einer islamischen Wirtschaftspolitik um und verteilt großzügig Gelder für politische Gefälligkeiten.

Matthew Trokan: Kurzinformationen zu den iranischen Bonyads (5:12)

Entwicklung und Entwicklungspolitik

Im Jahr 2013 galten 8 % der iranischen Bevölkerung als arm, Tendenz steigend (neuere belastbare Zahlen fehlen allerdings). Offiziell ist jede achte Iraner*in arbeitslos. Gerade junge Akademiker tun sich immer schwerer, auf dem Arbeitsmarkt geeignete Stellen zu finden. Zudem können immer mehr Iraner nicht mehr von ihrem Einkommen leben und sind so gezwungen, einen zweiten oder sogar dritten Job anzunehmen. In den ländlichen Gebieten, die generell weit weniger entwickelt sind als die Städte, sind ebenfalls breite Schichten von Armut betroffen, was zu verstärkter Landflucht einerseits und einem Anwachsen einer Schicht weitgehend unqualifizierter Arbeitssuchender in den Städten andererseits führt.

Das Antrittsversprechen des ehemaligen Präsidenten Ahmadinedschad, der „Anwalt der kleinen Leute“ zu sein, hat hier letztlich nicht viel bewirkt. Sein Vorhaben, die Einnahmen aus dem Ölgeschäft der einfachen Bevölkerung zukommen zu lassen, konnte er ebenfalls nicht umsetzen. Die Schere zwischen Arm und Reich wird auch in Iran immer größer. Ein damit verbundenes Problem ist die steigende Zahl der Drogensüchtigen, vor allem junger Männer. Etwa 2,8 % der Bevölkerung sind heute abhängig von Opiaten, die wie viele andere Drogen aufgrund der relativen Nähe zu den Anbaugebieten in Afghanistan vergleichsweise billig und leicht erhältlich sind.

Der Kampf gegen die Armut wird vor allem unter religiösen Vorzeichen geführt; die großen religiösen Stiftungen haben hier theoretisch ihren Hauptaufgabenbereich. Außerdem liegt die Versorgung der Armen in der Verantwortung der Gesellschaft, das Almosengeben ist eine der Säulen des Islam. Die blauen Spendenbehälter, vom Staat aufgestellt um die sadeqe, die Almosen, zu sammeln, finden sich in jeder Straße.

Ein Ansatz, gerade der Armut auf dem Land entgegenzuwirken, ist Bildung. Der Staat schickt beispielsweise Studenten dorthin, die als Pflichtteil ihres Studiums in Dörfern abgelegener Regionen unterrichten müssen. Viele weitere staatliche Anstrengungen zur Bekämpfung der Armut werden jedoch dadurch behindert, dass der iranische Staat aufgrund des Verfalls des Ölpreises regelmäßig selbst in finanziellen Schwierigkeiten steckt.

Ausländische Entwicklungsanstrengungen in Iran

Das Konzept der Entwicklungshilfe ist in der Islamischen Republik sehr negativ belegt. Die Vorstellung, Hilfe bei der eigenen Entwicklung zu benötigen, also bislang ein Stück weit «unterentwickelt» zu sein, ist weit über das politische System der islamischen Republik hinaus schwer vermittelbar; es ist nicht mit dem Selbstbild der meisten Iraner vereinbar, Teil der ältesten Kulturnation der Erde zu sein. Von politischer Seite werden gerade europäische Entwicklungshilfeanstrengungen gerne mit einem Hinweis auf die (in der Tat staatszersetzenden) Aktivitäten der Engländer und Russen in Iran des 19. Jahrhunderts versehen und daher abgelehnt. 

Hinzu kommt, dass viele europäische Entwicklungshilfeorganisationen einen christlichen Hintergrund haben, was Aktivitäten in der Islamischen Republik zusätzlich erschwert. Daher findet ausländische Entwicklungshilfe in Iran heute nur in vergleichsweise geringem Umfang statt. Die GIZ ist in den letzten Jahren allerdings gelegentlich wieder in Iran aktiv, der Schwerpunkt ihrer Arbeit liegt dann in der Entwicklung der iranischen Wirtschaft, darüber hinaus gibt es in gewissem Rahmen privatwirtschaftliches Engagement. Zudem gibt es gerade in jüngster Zeit einige deutsche Initiativen im Bereich des Klimaschutzes sowie der beruflichen Aus- und Weiterbildung.

Eine spezielle Ausnahme zur reservierten iranischen Haltung bildete die Stadt Bam, die bei einem Erdbeben 2003 größtenteils zerstört wurde. Aufgrund der vielen Zerstörungen und hohen Opferzahlen war auch für die Islamische Republik internationale Hilfe unumgänglich. So konnten etwa der Arbeiter-Samariter-Bund und die ADRA Hilfe beim Wiederaufbau von Krankenhäusern und Schulen leisten. Zudem gibt es einige NGOs, die von ExilIraner betrieben werden.

Immerhin arbeitet Iran inzwischen mit einigen internationalen Organisationen zusammen, um zumindest grundlegende Ziele zu erreichen, so etwa mit den Vereinten Nationen und deren «Sustainable Development Goals» oder der Weltbank. In den letzten Jahren ist es insbesondere im Bereich des Kampfes gegen die Desertifikation von Ackerland zu einer vermehrten Zusammenarbeit iranischer Stellen mit den entsprechenden Programmen der UN gekommen. Das Problem der internationalen Entwicklungszusammenarbeit mit Iran bleibt aber weiterhin die Tatsache, dass der iranische Staat ihr prinzipiell ablehnend gegenübersteht und sie immer wieder für innen- wie außenpolitische Ziele instrumentalisiert.

Der Urheber dieser Texte ist Tilmann Trausch. Wir haben ihn per E-Mail informiert. Ebenso hatten wir mit der GIZ vereinbart, Inhalte auf touristischen Webseiten mit Nennung der Quelle zu nutzen. Jede Hilfe für mehr Bildmaterial und wichtige Änderungen ist willkommen.